Das VOST wird in der Regel auf Anforderung oder Aktivierung hin tätig. Hauptanfordernd sind Einsatzstäbe der Landkreise, Kommunen und Bundesländer. Die Aktivierung erfolgt, wenn das VOST von einer auftraggebenden Stelle um Unterstützung gebeten wird. Das Team beginnt dann sofort mit der Arbeit gemäß den spezifischen Anforderungen der auftraggebenden Stelle. Alternativ kann das VOST auch selbstständig agieren, indem es Anomalien identifiziert. Mithilfe von Software werden SoMe auf potenziell relevante Keywords oder ungewöhnliche Bilder untersucht. Wenn diese ungewöhnlich häufig auftreten, erkennt das System eine Anomalie. Je nach Situation kann das VOST dann eigenständig handeln oder seine Hilfe anbieten. Eine Liste von relevanten Keywords ist im Anhang hinterlegt.
Die Aktivierung dauert normalerweise zwischen acht und zwölf Stunden, unter besonderen Umständen kann sie jedoch bis zu drei Tage dauern. In seltenen Fällen können Aktivierungen länger dauern, wobei die Aufgaben dann auf einer niedrigeren operationalen Ebene angesiedelt sind. Auf dieser Ebene gibt es kürzere Erfassungszeiträume und längere Intervalle zwischen den Meldungen. Die Dauer der Einsätze variiert je nach Art des Ereignisses und hängt von der Einsatzindikation ab.
Ein Ad-Hoc-Ereignis ist ein unvorhersehbares Ereignis, für das keine spezifischen Maßnahmen getroffen werden konnten. In solchen Fällen formiert sich ein digitales Einsatzteam erst nach dem Eintreten des Ereignisses, sodass die Definition von Rahmenbedingungen für das Monitoring erst mit Einsatzbeginn definiert und im Einsatzgeschehen optimiert werden, siehe auch Kapitel Vorgehensweise und Methodik bei der Einsatztätigkeit im aktivierten Zustand, bei denen das VOST aktiviert wird, betreffen vor allem Krisensituationen wie Unwetterlagen, Waldbrände, Amokläufe, Terroranschläge oder Stromausfälle. Dabei besteht ein wesentlicher Vorteil von VOST darin, dass diese bereits etablierte Strukturen und Alarmierungswege aufweisen, folglich schnell in eine zielgerichtete Tätigkeit starten können, sowie, dass die Teammitglieder ihre Aufgaben dezentral, also fernab der unmittelbar betroffenen Gegenden, wahrnehmen können. Dies erweist sich insbesondere bei Großschadensereignissen wie Stromausfällen oder Überschwemmungen als äußerst vorteilhaft (Fathi, 2020).
Ein Planbares Ereignis hingegen ist vorhersehbar und kann im Voraus geplant werden. Im Gegensatz zu Ad-Hoc-Ereignissen ermöglichen planbare Ereignisse eine frühzeitige Vorbereitung und Maßnahmenplanung. VOST können bereits in der Planung der außergewöhnlichen Ereignisse eingebunden und fest in die Bewältigungsstrukturen integriert werden. Typische planbare Ereignisse, bei denen das VOST zum Einsatz kommt, sind vor allem organisierte Veranstaltungen wie Volksfeste, Marathons, Paraden oder Sportereignisse (Silver, 2024; Fathi, 2020) aber auch vorhersehbare Einsatzlagen, wie bspw. Eisregen oder Hochwasser.
Losgelöst von der Einsatzindikation benötigen VOST definierte Rahmenbedingungen sowie gesetzte Fokusse, um zielgerichtet tätig werden zu können. Öffentlich verfügbare Daten stellen aufgrund der gewaltigen Datenmengen (Volume), der Vielzahl an Datenquellen (Variety), der Geschwindigkeit der Datenerzeugung (Velocity), der fraglichen Vertrauenswürdigkeit der Daten (Veracity) sowie der verschiedenen Inhalte (Value) enorme Herausforderungen an die Datenanalyse und -aufbereitung, vor allem im Kontext von Entscheidungen im Krisenmanagement.
Abbildung: Charakteristiken von Big Data
Folglich sollten, neben den allgemeinen Rahmenbedingungen, auch Charakteristiken bzgl. der Arbeits- und Vorgehensweise, sowie der interorganisationalen Anbindung und Informationsübergabeprozesse geregelt werden, damit eine zielgerichtete Tätigkeit des VOST möglich ist. Dies ermöglicht neben einer Datendetektion, welche die Krisenbewältigung unterstützen kann, auch ein Selbstwirksamkeitsempfinden der VOST Mitglieder (siehe auch Kapitel Vorbereitung und Voraussetzungen für digital arbeitende Teams), welche eine Möglichkeit zum Filtern relevanter Daten aus dem extremen Datenfluss erhalten.
Allgemeines Unter „Allgemeines“ werden im Rahmen dieses Wikis Charakteristiken, welche die allgemeinen Rahmenbedingungen und die Aktivierungsindikation umfassen, gruppiert. Dazu zählen:
Vorgehensweis Neben den allgemeinen Bedingungen sind Rahmenbedingungen für die Arbeit des Teams zu definieren. Hier zählen:
Arbeitsweise Unter „Arbeitsweise“ werden Rahmenbedingungen gruppiert, welche die individuelle Tätigkeit der VOST-Mitglieder zielgerichtet ermöglichen. Hierzu zählen Bedingungen zum:
Abbildung: Bestandteile eines Einsatzsauftrags
Interorganisationale Anbindung Da VOST als etabliertes und institutionalisiertes Team als ein Akteur der Krisenbewältigung auch in das Netzwerk eingebunden sind, sollten auch Rahmenbedingungen für das Netzwerk, bspw. Informationsempfänger und unterstützende Einheiten, definiert werden. Dabei sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:
Informationsübergabeprozesse Um eine adäquate Informationsübergabe zu erreichen, sollten auch Rahmenbedingungen bzgl. zu erstellenden Informationsprodukten und Kommunikationsprozessen definiert werden. Hierzu können folgende zählen:
Allen Charakteristiken sollte eine Einschränkung durch das VOST selber zugrunde liegen. Anfordernde Stellen sollten spezifisch für das jeweilige VOST die Möglichkeit haben, die Rahmenbedingungen auszuwählen, bzw. zu beschreiben. Eine Vorlage zur Individualisierung für das eigene VOST wird im Anhang, zur Verfügung gestellt.
Darüber hinaus werden im Folgenden beispielhaft reale Einsatzaufträge von etablierten VOST und dazugehörige Einsätze aufgeführt. Weitere Einsatzaufträge sind bspw. in (Gomez-Susaeta,2017) zu finden. Die Einsatzaufträge sind primär nach Art des Ereignisses und sekundär nach dem Zeitpunkt sortiert.
Abbildung: Zeitverlauf bsph. Einsätze von Virtual Operations Support Teams (VOST)
Flutereignis Wuppertal 2021 (Ad-Hoc) (Fathi, 2022):
Die Notfalleinsatzzentrale in Wuppertal aktivierte ein VOST vom 14. Juli 2021 um 20.32 Uhr bis zum 16. Juli 2021 02.30 Uhr. Für einen strukturierten Ablauf wurde durch das VOST ein Verbinder an die Notfalleinsatzzentrale entsandt, um Informationen der digitalen Lage an Entscheidungsträger weiterzuleiten und die Zusammenarbeit zwischen dem disloziert tätigen Team und der operativen Notfalleinsatzzentrale sicherzustellen. Zeitgleich wurde die Teamstruktur durch die Team-/Einsatzleitung VOST aufgebaut. Hierzu zählten vor allem die Koordination der Arbeitsabläufe, Entwicklung von Informationsprodukten und die Verteilung der anfallenden Aufgaben. Die Entwicklung der Informationsprodukte erfolgte durch die Koordinierungseinheit VOST (Team-/Einsatzleitung und Verbinder) in Abstimmung mit den Entscheidungsträger. Hierbei wurden vor allem folgende Prioritäten und Informationsbedürfnisse für die SOCMINT festgelegt:
Die VOST Mitglieder sammelten während des Einsatzes Daten SoMe von verschiedenen öffentlich verfügbaren Quellen. Entsprechend der Aufgabenprioritäten wurden die Beiträge aus SoMe (Texte, Bilder und Videos) anhand von zwei Faktoren bewertet:
Waldbrand in Texas 2022 (Ad-Hoc) (Silver, 2024):
Die texanische Abteilung für Notfallmanagement aktivierte ein VOST am 21. März 2022 für einen Zeitraum von 48 Stunden. Die Team Mitglieder hatten die Aufgabe, auf den sozialen Netzwerken Twitter, Facebook, Instagram und Reddit nach Informationen zu suchen, die sich auf folgende Schwerpunkte fokussieren:
Grand Depart, Tour de France 2017 (Planbar) (Fathi, 2020):
Für den 02. Juli 2017 wurde ein VOST zum Grand Départ der Tour de France in Düsseldorf aktiviert. Der Grand Départ beschreibt einen von mehreren Startpunkten der Tour de France. In Düsseldorf bestand dieser aus zwei Etappen: Die erste Etappe war ein Einzelzeitfahren auf den Düsseldorfer Straßen über eine 13 Kilometer lange Strecke. Auf der zweiten Etappe verließen die Athleten die Stadt in Richtung Belgien und passierten die deutschen Städte Neuss, Mönchengladbach und Aachen. Der Einsatzauftrag umfasste primär die Überwachung der Aktivitäten in den SoMe in und um Düsseldorf, insbesondere entlang der Strecke, wo sich größere Menschenmengen versammelten und gleichzeitig Veranstaltungen stattfanden. Sekundär sollte das VOST in der zweiten Phase auch andere deutsche Städte monitoren, in denen keine außergewöhnlichen Aktivitäten zu erwarten waren. Der Fokus wurde hier besonders auf die Identifizierung von Nachrichten, Bildern und Videos zu folgenden Schwerpunkten gelegt:
Nach der Identifizierung war das VOST auch dafür verantwortlich, die Gültigkeit und Schwere solcher Feststellungen zu bewerten und eine Einschätzung des Zeitpunkts und Ortes des jeweiligen Ereignisses oder der Beobachtung abzugeben. Um die Informationen einzuschätzen, war es notwendig die Bilder und Videos mit allgemeinen Kontextinformationen und zusätzlichen Internetquellen wie Google Street View zu vergleichen, um die auf den von den Nutzer:innen bereitgestellten Bildern gezeigten Orte zu identifizieren.
New York City Marathon 2022 (Planbar) (Silver, 2024):
Die Abteilung für innere Sicherheit und Notfalldienste (DHSES) in New York aktivierte ein VOST am 06. November 2022 für einen Zeitraum von 16 Stunden. Das VOST Team konnte sich bereits im Vorfeld auf die Aktivierung vorbereiten, indem sie sich über die Route der Parade informierten, relevante Hashtags, Schlüsselwörter und offizielle Konten sammelten und Facebook-Gruppen sowie Subreddits von Interesse identifizierten. Das VOST Team sammelte Informationen analog den Community Lifelines der Federal Emergency Management Agency (FEMA) zu folgenden Themenbereichen: