====== Exkurs: Sozialkapital ====== Das Forschungsprojekt „Entwicklung eines Sozialkapital-Radars für den sozialraumorientierten Bevölkerungsschutz (Sokapi-R)“ knüpft an Vorarbeiten im BMBF-Projekt ResOrt an und intensiviert die dortigen Analysen mit dem Ziel einer praxisbezogenen Übertragung in den sozialraumorientierten Bevölkerungsschutz.\\ Die Ziele des Projekts Sokapi-R sind - die Entwicklung eines lokalen Sozialkapital-Radars, mit dem sich die kollektiven Anpassungsleistungen sozialer Gemeinschaften nachvollziehen und im Krisenfall identifizieren lassen und - die darauf aufbauende Ableitung von Rahmenempfehlungen für die Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz. Hierfür wurde am Beispiel der Stadt Wuppertal zunächst der Zusammenhang von sozialen Strukturen von Wohngebieten und lokalem Sozialkapital operationalisiert und im Rahmen einer quantitativen, mehrsprachig umgesetzten Bevölkerungsbefragung empirisch validiert. Die statistische Analyse kleinräumiger Kontexteffekte des Wohnumfelds auf die Unterstützungsbereitschaft der befragten Bürger:innen bildete den Ausgangspunkt für Erkenntnisse zum Bevölkerungsverhalten in Krisen und Katastrophen, die anschließend auf gesamtstädtischer Ebene aggregiert wurden. In der Modellkommune Wuppertal zeigt sich ein signifikant-negativer Zusammenhang zwischen dem Grad konzentrierter Benachteiligung im Quartier und dem wahrgenommenen Zusammenhalt, der Verbundenheit mit dem Wohnquartier und der sozialen Nachbarschaftsintegration der Bewohner:innen. Dies wiederum hat einen signifikanten Einfluss auf die Unterstützungsbereitschaft in Krisen und Katastrophen. In benachteiligten Quartieren wird der Zusammenhalt pessimistischer wahrgenommen, wodurch die Bewohner:innen eine geringere Bereitschaft zeigen, anderen in Krisen und Katastrophen zu helfen. Vor diesem Hintergrund wurde mit den verfügbaren kleinräumigen Sozialdaten der Stadt Wuppertal und den Befragungsdaten ein interaktives und räumlich skalierbares graphisches Lagebild (GIS-basiertes Dashboard) zum Bevölkerungsverhalten entwickelt. Das Dashboard soll kommunalen Behörden und Akteuren des Bevölkerungsschutzes vor Ort ermöglichen, spezifische Wohnquartiere zu identifizieren, in denen aufgrund erwartet schwächerer Anpassungsprozesse eine stärkere Sozialraumorientierung noch vor Eintreten einer Krise sinnvoll erscheint. Dem zugrunde liegt ein neues Rollenverständnis, bei dem der professionelle Katastrophenschutz sich ereignisunabhängig stärker im Sozialraum mit Alltagsorganisationen vernetzt, um kontextuelles Wissen über Stadtteil und Bewohnerschaft zu generieren. Zugleich soll gemeinsam mit Nachbarschaftsorganisationen, Wohlfahrtsverbänden, Kommunalverwaltung und engagierten Bürger am Auf- und Ausbau der lokalen sozialen Infrastruktur mitgewirkt werden. In der Krise kann so auf belastbare Netzwerkverbindungen mit anderen lokalen Akteuren zurückgegriffen werden, die ein rasches Erkennen ehrenamtlicher Nachbarschaftsangebote und besonders vulnerabler Bevölkerungsgruppen (z. B. Pflege- und Hilfsbedürftige, Menschen mit Migrationsgeschichte) in einzelnen Stadtgebieten begünstigen. {{ :exkurs:sokapir1.png?600 }}Abbildung: Exkurs Sozialkapital: Screenshot des Dashboards für die Variablen „Konzentrierte Benachteiligung und wahrgenommener Zusammenhalt“ in Wuppertal, erstellt im Rahmen des Forschungsprojektes Sokapi-R in ArcGIS Online Informationen zum Projekt „**ResOrt**“: \\ Das Forschungsprojekt „Resilienz durch sozialen Zusammenhalt – Die Rolle von Organisationen“ (ResOrt) wurde im Rahmen des Forschungsprogramms „Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Es handelt sich um ein Verbundprojekt des Fachgebiets Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe und Objektsicherheit (BuK) der Bergischen Universität Wuppertal (Projektkoordination), dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) und dem Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht (IFHV) der Ruhr-Universität Bochum (FKZ: 01UG1724AX). Informationen zum Projekt „**Sokapi-R**“: \\ Seit 01.08.2021 fördert und begleitet das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) im Rahmen der Bekanntmachung „Kurz- und mittelfristige soziale Anpassungsprozesse der Bevölkerung in unterschiedlichen Zivil- und Katastrophenschutzlagen“ (02/2020) die „Entwicklung eines Sozialkapital-Radars für den sozialraumorientierten Bevölkerungsschutz (Sokapi-R)“. Koordiniert wird das Projekt durch den Lehrstuhl für Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe und Objektsicherheit der Bergischen Universität Wuppertal unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Frank Fiedrich. Unterstützung erhält der Lehrstuhl durch das DRK-Generalsekretariat sowie durch die assoziierten Partner vom Verband für sozial-kulturelle Arbeit (VskA), dem Behörden Spiegel, dem Wuppertaler Zentrum für gute Taten und der Stadt Wuppertal (FKZ: BBK III.1 - 41201 / 0009). {{ :exkurs:sokapir2.png?600 }}Abbildung: Exkurs Sozialkapital: Screenshot des Dashboards für mobile Endgeräte und verschiedene Variablen in Wuppertal, erstellt im Rahmen des Forschungsprojektes Sokapi-R in ArcGIS Online {{ :exkurs:sokapir3.png?600 }}Abbildung: Exkurs Sozialkapital: Screenshot des Dashboards für die Variable „Eigene Unterstützungsbereitschaft in Krisen und Katastrophen“ in Wuppertal, erstellt im Rahmen des Forschungsprojektes Sokapi-R in ArcGIS Online |[[:vost-methodenhandbuch:exkurs1|Zurück zum vorherigen Kapitel]]|[[:vost-methodenhandbuch|Zurück zur Übersicht: VOST-Methodenhandbuch]]|[[:vost-methodenhandbuch:literatur|Weiter zum nächsten Kapitel]]|