====== Über diesen Leitfaden ====== Die Erfahrungen vergangener Krisen- und Katastrophensituationen zeigen eine veränderte Kommunikationskultur von einer ausschließlich auf Informationsgewinnung abzielenden hin zu einer interaktiven Kommunikation. Das öffentlich sichtbare Teilen von Erfahrungen, Geschehnissen und vielfältigen individuellen Bedarfen und Ressourcen der Bevölkerung in Sozialen Medien ermöglicht deren Nutzung (für das Krisenmanagement). Die Kommunikation wird jedoch zunehmend in privaten Unterhaltungen oder Chat-Gruppen geführt, sodass die bislang üblichen Datenanalysen einzelner Plattformen mit öffentlich zugänglichen Informationen nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung sind. Zusätzlich erschweren die großen Datenmengen das händische Monitoring in Form einer systematischen Sammlung und Darstellung von Informationen. In Krisen- und Katastrophensituationen werden daher zunehmend auch digital Freiwillige tätig, die sich in VOST organisieren, um mit innovativen Methoden lagerelevante Daten aus Sozialen Medien zu gewinnen, auszuwerten, zu visualisieren und den Entscheidungsträger:innen zu übermitteln. Um Neugründungen von VOST sowie die Intergration neuer Mitglieder in etablierte VOST zu erleichtern, sowie eine erste Grundlage für eine Vereinheitlichung zu schaffen, wurde das vorliegende Handbuch im Rahmen des Forschungsprojektes #sosmap verfasst. Hierdurch soll eines der Projektziele, die Erfassung von Arbeits- und Vorgehensweisen etablierter VOST zur grundlegenden Ergänzung von Aus- und Fortbildungen, dokumentiert und disseminiert werden. Weitere Informationen zum Forschungsprojekt #sosmap sowie weitere Ergebnisdokumentationen stehen auf der [[http://www.sosmap.info|Projektwebseite]] zur Verfügung. ===== Struktur und Zielsetzung des Leitfadens ===== Die Zielausrichtung des vorliegenden Handbuchs ist die Erstellung eines Überblicks über den Stand von Wissenschaft und Praxis zur Arbeits- und Vorgehensweise von VOST. Durch die Integration von Informationen aus diversen wissenschaftlichen und praktischen Quellen sowie von verschiedenen VOST, bilden die Kapitel interessante Inhalte für etablierte wie geplante VOST, jedoch auch für anfordernde Stellen solcher Teams ab. Die Dokumentation der methodischen Vorgehensweise ermöglicht auch für etablierte VOST die Generierung einer einheitlichen Basis. Darüber hinaus soll das Handbuch aber im Wesentlichen - eine Erleichterung für die Integration neuer Helfer:innen in etablierte VOST, - eine Hilfestellung für die Neugründung von VOST sowie - ein erhöhtes Verständnis von anfordernden Stellen und potenziell vernetzten Akteur:innen für die Arbeits- und Vorgehensweise von VOST schaffen. Relevante Begriffe im thematischen Kontext der VOST werden neben den Erläuterungen im textuellen Verlauf gesondert in dem [[:vost-methodenhandbuch:glossar|Glossar ]]erläutert. Zusammengefasst sind die wesentlichen Zielgruppen des VOST Methodenhandbuchs folglich: * kleinere Feuerwehren oder BOS, welche nicht über ein eigenes VOST verfügen, in größeren Einsatzlagen jedoch mit einem kleinen Team Soziale Medien zur Gewinnung von Lageinformationen nutzen möchten, * BOS, die eine eigenes VOST aufbauen oder ein etabliertes aktivieren möchten und hier einen ersten Orientierungsrahmen finden können und * etablierte VOST, die dieses VOST-Methodenhandbuch als erste Informationsquelle bei der Integration neuer Helfer:innen nutzen können. {{ :ueber_diesen_leitfaden:fig_structure.jpg?800 |fig_structure.jpg}} Abbildung: Struktur des Methodenhandbuchs Das vorliegende VOST-Methodenhandbuch soll daher nicht im Detail die methodische Arbeitsweise einzelner Helfer:innen von VOST aufführen, sondern viel mehr einen Überblick über die Vorgehensweise sowie Ansätze zur Weiterentwicklung bieten. Dies ist nicht zuletzt deswegen notwendig, da verschiedene anfordernde Stellen unterschiedliche Anforderungen an Tätigkeiten der SocMint in Bezug auf Fokussetzung und Datenaufbereitung stellen. BOS können somit ein Verständnis für die Vorgehensweise erhalten und erste Methoden zur Datengewinnung an die individuelle Zielsetzung adaptieren. Für eine fortschrittliche Analyse und Auswertung der Daten sollte jedoch ein etabliertes VOST in die Krisenbewältigung integriert werden. Die Grundlagen des vorliegenden Kapitels umfassen vor allem Hintergründe und Erklärungen sowie Beschreibungen, welche Kapitel für welche Prozesse von VOST relevant sind. [[:vost-methodenhandbuch:vorbereitung|Kap. Voraussetzungen]] und [[:vost-methodenhandbuch:aktivierungsprozess|Kap. Aktivierung]] beschreiben Rahmenbedingungen, die für die Einsatzfähigkeit sowie -aktivierung von VOST notwendig sind. Vereinzelte konkrete Vorgehensweisen und verwendete Methoden für das Social Media Monitoring und Social Listening werden in [[:vost-methodenhandbuch:vorgehensweise|Kap. zur Vorgehensweise]] erläutert. [[:vost-methodenhandbuch:vorgehensweise|Kap. zur Vorgehensweise]] und [[:vost-methodenhandbuch:dokumentation|Kap. Dokumentation]] fokussieren vor allem Informationen, welche für die Einsatztätigkeit relevant sind, wobei [[:vost-methodenhandbuch:dokumentation|Kap. Dokumentation]] sowohl interne als auch externe Dokumentationsprozesse benennt. Im Rahmen der Exkurse (Exkurs [[:vost-methodenhandbuch:exkurs1|1]] und [[:vost-methodenhandbuch:exkurs2|2]]) werden relevante Exkurse, respektive die Ergänzung eines psychosozialen Lagebildes sowie die Aufbereitung eines Sozialkapital-Radars, beschrieben. Im Rahmen der Unterstützung von Entscheidungsträger:innen in besonderen Einsatzlagen können VOST, neben der Ableitung von Echtzeitinformationen aus SoMe, auch über öffentliche Quellen verfügbar Daten abgreifen und aufbereiten. Hierzu zählen unter anderem Informationen über psychosoziale Bedarfe und Ressourcen sowie soziodemografische Daten, welche als Indikatoren gemeinschaftliches Unterstützungsverhalten darstellen können. [[:vost-methodenhandbuch:literatur|Kap. Literatur]] und [[:vost-methodenhandbuch:anhang|Anhang ]]bieten durch Aufzeigen von weiteren Literaturempfehlungen sowie Darlegung von Vorlagen und Handreichungen in Form von Checklisten und Informationsübersichten die Möglichkeit, die Themen zu vertiefen und für das eigene Team zu adaptieren. {{ :ueber_diesen_leitfaden:fig_makro.jpg?800 |fig_makro.jpg}} Abbildung: Prozessualer Rahmen von Virtual Operations Support Teams (VOST) Für die einzelnen VOST Helfer:innen sowie die anfordernden Stellen von VOST sind nicht alle Kapitel zwingend relevant. Obwohl alle Kapitel zusammenhängen, sind diese auch einzeln nutzbar, sodass bspw. bereits etablierte VOST weniger die Informationen der Voraussetzungen, sondern mehr Informationen zu Vorgehensweisen und Methoden bei aktivierter Tätigkeit heranziehen und zur Einführung von neuen Helfer:innen nutzen können. Die obigen Abbildung visualisiert daher grob den Ablaufprozess einer Aktivierung und Einsatzunterstützung durch VOST mit Kennzeichnung der entsprechenden Kapitel. VOST stellen, als fest in die Führungsstruktur einer Einsatzorganisation eingebundene Teams, eine etablierte und konstant vorhandene Organisation dar, die meist auf ehrenamtlicher Basis aufrechterhalten wird. Folglich bestehen die Strukturen und Alarmierungsmöglichkeiten auch ohne besondere Einsatzlagen. In einem solchen inaktivierten Zustand werden Alltagstätigkeiten mit geringer Frequenz und wenig Zeitaufwand durchgeführt. Für diesen Status sollten durch die Teams eindeutige Regelungen bzgl. gemeinsamer Austauschabende, notwendiger Schulungen, Übungen, Weiterbildung, etc. definiert werden. Verschiedene BOS können bestehende VOST anfragen und mittels Einsatzauftrag in einen aktivierten Zustand versetzen. Grundlegend können VOST in geplanten/vorhersehbaren sowie ad-hoc Ereignissen unterstützend tätig werden. Ersteres ermöglicht eine längerfristige und detaillierte Einsatzvorbereitung, während letzteres eine schnelle Reaktion und folglich eine Entwicklung der Rahmenbedingungen für das Social Media Monitoring im Einsatzgeschehen bewirkt. Einsatzlagen, bei denen etablierte VOST bereits tätig wurden waren bsph. politische Ereignisse und Großveranstaltungen (z. B. G20-Gipfel, Tag der dt. Einheit und Karnevalsveranstaltungen) bis zu Großschadenslagen (z. B. Orkantief Friederike Januar 2018 oder das Starkregenereignis 2021). Dabei variieren die Einsatzaufträge von Ableitung eines Stimmungsbildes bis spezifische Erhebung des Images bestimmter Blaulichtorganisationen. Die Alarmierung muss einen eindeutigen Einsatzauftrag implizieren, welcher eindeutige Rahmenbedingungen zur Durchführung eines zielgerichteten Social Media Monitorings ermöglicht, siehe [[:vost-methodenhandbuch:aktivierungsprozess|Kap. Aktivierung]]. Die Variablen der Rahmenbedingungen sind dabei abhängig von der Einsatzlage sowie den Möglichkeiten und Fähigkeiten des anzufordernden VOST und sind daher team- und ereignisspezifisch zu definieren. Aufbauend auf den Rahmenbedingungen werden Einsatzvorbereitung und –briefing in Form von Keywords, Accounts, Orten und weiteren vorbereitet. Diese bilden dann die Grundlage für die aktivierte Einsatztätigkeit von VOST. Hierbei werden verschiedene Methoden der OSINT und SOCMINT sowie der Datenaufbereitung angerissen, um grundlegende Kenntnisse für eine tiefergehende Einarbeitung zu vermitteln. ---- |[[:vost-methodenhandbuch|Zurück zur Übersicht: VOST-Methodenhandbuch]]|[[:vost-methodenhandbuch:vorbereitung|Weiter zum nächsten Kapitel]] |